OVB Heimatzeitung, Kultur in der Region - 18.03.15
ARBEITEN VON PETER REILL IM KUNSTVEREIN ROSENHEIM
Seine Arbeiten sind eine Reaktion auf aktuelle Strömungen im Kulturbetrieb. Derzeit ist der Münchner Künstler, Gründer und Kopf des Kunstbüros "reillplast", mit dem Ausstellungskonzept "touring" in den Räumen des Kunstvereins Rosenheim in der Klepperstraße 19 vertreten.
Ein plötzlich unterbrochener Download eines beliebten Netzbildes wird zum Ausstellungsstück. Großformatig auf PVC-Plane oder als Druck hinter Acrylglas entstehen Bilder vor dem Hintergrund alltäglicher "Web-Ästhetik". Ein schwarzer Balken oder lineare Strukturen zerschneiden das ursprünglich Gezeigte, das abrupte Abbrechen des Ladevorgangs lässt ein eigenes Bild entstehen. Verfälscht, dem eigentlichen Sinn entzogen, werden sie autonom und wenden sich ab von einer technoiden Formensprache des digitalen Zeitalters.
Peter Reill, 1970 in Kempten geboren, studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München unter anderem bei Wolf Dieter Mayer und Professor Norbert Prangenberg. Seit 2009 ist er dort künstlerischer Mitarbeiter bei Professor Dieter Rehm, Präsident der Akademie.
In seinen Konzepten konfrontiert Reill den Betrachter mit alltäglichen Banalitäten und Phänomenen bürgerlichen Lebens, kommentiert Auswüchse deutschen Spießbürgertums. Es ist eine Auseinandersetzung mit der hektischen Gleichzeitigkeit des fotografischen Abbildes, das unseren Alltag bestimmt. In Arbeiten wie "Torte" oder "Wurst" sucht er nach einer Form, die den banalen Alltag mit all seinen belanglos oberflächlichen Erfahrungen auf raffinierte Art spiegelt, ohne sie dabei platt wiederzugeben. Sie erhalten einen aufwendigen Rahmen, werden in ihm zum Abbild eines Abbildes.
Serielle Arbeiten wie "Wärmebilder" nehmen Bezug zu bekannten Werken der Kunstgeschichte. Ob Dürer, van Gogh oder Leonardo da Vinci, Motive aus ihren Werken werden zu Reflexionen eines Künstlers, dessen Augenmerk sich auf Konventionen und Rituale eines Kunstmarktes richten, der in vielen Bereichen zu eskalieren scheint. Seine Arbeiten wie "Kunstsauna", "Sichtschutz" oder "Wartesitz" werden zu kritisch-ironischen Kommentaren unserer Gesellschaft.
In den Skulpturen bewegt sich der Künstler im Umfeld interdisziplinärer Produktion von Kunst, die sich von einer strengen Kategorisierung entfernt. Kritisch zitiert Peter Reill sein Umfeld, Gegebenheiten des Lebens. Das Spiel mit verschiedenen Realitäten und mit der Verschränkung von Fiktion und Wirklichkeit zeigt auf unterschiedlichen Ebenen wie durchlässig die künstlerischen Gattungen geworden sind. Somit löst er sich von der Idee einer skulpturalen Einheit hin zu raumgreifenden Figuren und Darstellungen, die sich in der Umgebung vernetzen.
Ist die goldene Ära des digitalen Zeitalters vorbei? Was bleibt sind Utopien und das Spiel mit der medialen Gefahr. Die künstlerischen Konzepte von Peter Reill bilden den Rahmen einer Ausstellung mit großen Kontrasten zu einer Kunst, gemacht aus Datenströmen, Bits und Bytes und banaler Alltagsästhetik. Es sind traurige und zugleich humorige Botschaften einer Zeit, in der wir leben. Oftmals geprägt von einer naiven Spiellust und gefakten Situationen des alltäglichen Lebens, bildet sie ihre ganz eigene Substanz, die nicht immer leicht zu verdauen ist.
Die Ausstellung in der Kunst-Mühle, Klepperstraße 19 ist noch bis 12. April zu sehen. Zur Finissage am Sonntag, 12. April findet um 16 Uhr ein Künstlergespräch statt. Öffnungszeiten sind donnerstags bis samstags von 14 ibs 17.30 Uhr, sonntags von 11 bis 17.30 Uhr.