Allgäuer Zeitung, Allgäu Kultur - Samstag, 4. Juli 1992
Kunstgruppe des Jugendhauses hat Markthalle "zweckentfremdet"
Kempten (ar).
Ein auf einer Staffelei stehendes Schild schreit es auf den Stiftsplatz hinaus: "Kunst im Keller!" Diese Ausstellung, mit der sich die Kunstgruppe
des Jugendhauses vorstellt, ist derzeit in der
Markthalle im Kornhaus zu sehen.
Nach dem ersten Herumschlendern bei der Vernissage wurden die zahlreichen, meist jungen Besucher von ejnem Streichquartett begrüßt, das unter anderem eine Eigenkomposition der Cellistin Andrea Meininger spielte. Besonders beeindruckend war die darauf folgende Performance zweier Mitglieder der "Schlampegalchatöne", einer Rockband, die durch den hohen lyrischen Anspruch ihrer Texte auffällt. Begleitet von Michael Becker, mit Keyboard und Percussion, rezitierte Philipp Winkelhofer, mit weiß geschminktem Gesicht und auf Schrotteilen trommelnd und kratzend, seine Gedichte. Relikte dieser Aktion, eine alte Trommel, Plakate mit Textauszügen und ähnliches, wurden von dem begeisterten Publikum spontan zu einem Teil der Ausstellung erklärt.
Die Kunstwerke, meist Bilder und Grafiken, aber auch "Die Erleuchtete", eine Plastik aus buntem Papier, die von innen angestrahlt wird, stammen von Nico Müller, Sonja Seidel, Arnd Eschment, Markus Gilbert, Thomas Müller, Marc Hermann und Peter Reill. Aber auch andere junge Künstler nahmen die seltene Gelegenheit wahr, in diesem Rahmen ihre Werke vorzustellen. Die Vielzahl der Aussteller hat natürlich zur Folge, daß die unterschiedlichsten Stile und Techniken, von kleinen Skizzen über abstrakte Malerei bis hin zu Siebdrrucken und Fotografien, zu sehen sind.
"Die Bilder sprechen für sich", meinte Markus
Heider, der Leiter des Kemptener Jugendhauses, in einem kurzen Grußwort.
Um aus dem Gemüsekeller einen geeigneten Ausstellungsraum zu machen, wurden die Stände, an denen die Gärtner sonst ihre Waren anpreisen, in einem der drei Gänge zusammengeschoben. Dabei mußten die jungen Künstler planvoll arbeiten, denn die einzige Auflage, unter der dieser Raum zur Verfügung gestellt wurde, war, daß hinterher wieder alles an seinem Platz steht. Stände, die sich als zu standhaft erwiesen und alles, was sonst noch störend wirkte, wurde mit weißem Papier eingepackt, um die Bilder angemessen in Szene zu setzen.
"Kunst im Keller“ ist noch bis zum 11. Juli, jeweils von 14 bis 19 Uhr, in der Markthalle
des Kemptener Kornhauses zu sehen.